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Julia Anders

Rektusdia...was???

Aktualisiert: 18. Juli 2023

Vielen ist der Begriff der Rektusdiastase unbekannt und ungewohnt, bevor sie ein Kind bekommen haben. Und auch danach wissen viele noch nichts mit dem Begriff anzufangen, geschweige denn werden sie darüber aufgeklärt, was mit ihrem Bauch während und nach der Schwangerschaft geschieht. Ich möchte hier einmal ein bisschen Licht ins Dunkel bringen.


Abb. 1: Bauch einer Frau mit geschlossener Rektusdiastase


Inhaltsverzeichnis
1. Einleitung
2. Formen der Rektusdiastase
2.1 Exkurs Sectio (Kaiserschnitt)
2.2 Rektusdiastase unterhalb des Nabels
3. Einfluss der Rektusdiastase auf die Geburtsposition

1. Einleitung


Als Rektusdiastase bezeichnet man das Auseinandertstehen der geraden Bauchmuskulatur. Das zwischen der Muskulatur verlaufende Bindegewebe, die Linea Alba, wird dabei gedehnt und durch die Überdehnung dünner und weicher.



Die Dehnung des Bindegewebes wird durch dauerhaften oder immer wiederkehrenden Druck verursacht. Dieser Druck kann durch verschiedene Faktoren ausgelöst werden, z.B. eine oder mehrere Schwangerschaften, Bauchoperationen, Übergewicht oder alltägliche und/oder arbeitsbedingte körperliche Anstrengungen. All diese Faktoren verursachen einen intraabdominalen Druck (Druck von der Körpermitte gegen die Bauchwand), wodurch eine Rektusdiastase entsteht.


Abb.: 2: Formen von Rektusdiastasen


Die meistverbreitete Form der Rektusdiastase ist eine Mischform aus einer Rektusdiastase um den Nabel herum und einer durchgehenden Rektusdiastase. Bei dieser Form besteht die Rektusdiastase vom Brustbein bis zum Schambein, ist jedoch auf Bauchnabelhöhe am größten. Der Bauchnabel ist die Schwachstelle der Rektusdiastase. Dort entsteht, gerade bei Schwangerschaften und Übergewicht, die Rektusdiastase als erstes und dehnt sich am weitesten aus. Abhängig davon, ob es eine Sectio (Kaiserschnitt) gab, das Kind über den errechneten Entbindungstermin hinaus im Mutterleib verblieb oder sich die Geburt über einen sehr langen Zeitraum erstreckte, ist es auch möglich, dass die Rektusdiastase unterhalb des Bauchnabels eine stärkere Überdehnung aufweist als direkt am Bauchnabel.


2.1 Exkurs Sectio (Kaiserschnitt)

Bei einer Sectio wird das Bindegewebe zwischen den geraden Bauchmuskeln nicht nur überdehnt, sondern durchtrennt. Durchtrenntes Gewebe, egal ob gerissen wie bei einem Nabelbruch, oder skalpiert wie bei einer Sectio, regeneriert schlechter. Skalpiertes Gewebe braucht noch länger als gerissenes Gewebe. Das ist das gleiche Prinzip wie bei einer Dammverletzung durch die Geburt - ein Riss heilt besser und schneller als der Schnitt.

Im Falle der Rektusdiastase kann es vorkommen, dass sich das Bindegewebe aufwärts des Bauchnabels gut stärkt und festigt, jedoch unterhalb des Bauchnabels durch einen gestörten Heilungsprozess der Narbe nicht. Das Resultat ist eine große Rektusdiastase unterhalb des Bauchnabels, meist einhergehend mit einem vorgewölbten Unterbauch.

Sollte eine große Rektusdiastase aufgrund einer Sectio unterhalb des Bauchnabels vorliegen, kann durch verschiedene Verfahren oder eines/r spezialisierten Physiotherapeut*in eine Narbenentstörung vorgenommen werden, damit sich die Rektusdiastase in diesem Bereich ebenfalls schließen kann.

2.2 Rektusdiastase unterhalb des Nabels


Je länger das Kind im Mutterleib verbringt, desto größer und schwerer wird es auf ganz natürliche Weise. Für die Rektusdiastase bedeutet diese längere Verweildauer im Mutterleib ein immer stärker werdender Druck von innen auf das bereits geschwächte Bindegewebe, welches seit spätestens der 20.SSW Druck ausgesetzt ist. Jede Mama, deren Schwangerschaft bis zum Ende ausgetragen wurde, weiß, dass sich zum Ende der Schwangerschaft der Bauch absenkt und sich das Kind in der (hoffentlich optimalen) Geburtsposition befindet (s.u.). Diese Position legt nahe, dass sich der hauptsächliche innere Druck nun im Unterbauch befindet. Je länger dieser Druck anhält, in unserem Fall nun die Tage nach dem errechneten Entbindungstermin, desto schwächer wird das Bindegewebe in diesem Bereich und umso größer die Rektusdiastase.


Das Gleiche gilt bei sehr lang anhaltenden Geburten. Das ungeborene Baby drückt bei jeder Wehe mit all seiner Kraft nach unten, aber auch gegen die Bauchwand, um sich durch den Geburtskanal zu schieben. Je mehr Wehen notwendig sind, bis sich das Ungeborene zum Scheidenausgang "gekämpft" hat, desto öfter tritt der angesprochene innere Druck gegen die Bauchwand auf. Solchem Druck kann das bereits geschwächte Bindegewebe über solch lange Zeiträume nicht entgegenstehen.


3. Einfluss der Rektusdiastase auf die Geburtsposition


Während einer Schwangerschaft bildet jede Frau eine Rektusdiastase aus. Die eine Rektusdiastase ist kleiner, eine andere ist größer. Wie groß die Rektusdiastase ist, hängt von mehreren Faktoren ab, z.B. die wievielte Schwangerschaft es ist, wie die Rückbildung nach dem/den vorherigen Kind(ern) durchgeführt wurde und geklappt hat, wie alt man bei der Schwangerschaft ist, welche Sportarten vor der Schwangerschaft betrieben wurden, und und und...


Eine große Rektusdiastase erkennt man an einem großen Babybauch. Gerade bei wiederholt schwangeren Frauen lässt sich erkennen, dass der Babybauch von Kind zu Kind schneller ersichtlich ist. Das ist ein Indiz dafür, dass sich die Rektusdiastase nach der letzten Geburt nicht bis auf den Ausgangszustand zurückgebildet hat, sondern größer erhalten blieb. Je größer die Rektusdiastase vor der Befruchtung, desto schneller ist die Schwangerschaft ersichtlich. Das liegt daran, dass die geraden Bauchmuskeln in ihrer ursprünglichen Funktion u.a. als Barriere für die Bauchorgane dienten. Befinden sich die Bauchmuskeln nun nicht mehr in der Körpermitte, sondern weiter außen, drücken die Organe mit der wachsenden Gebärmutter nach vorn gegen das dazwischenliegende Bindegewebe. Ist das Bindegewebe aufgrund einer vorhergehende Schwangerschaft und der aktuellen hormonellen Veränderung geschwächt, gibt es diesem Druck nach. Das Nachgeben ist nach außen als Babybauch erkennbar, obwohl das Baby gerade mal so groß wie eine Erdnuss ist.


Je größer der Babybauch, desto mehr Platz für das Baby. Was sich erstmal gut anhört, ist für den Geburtsakt gar nicht mehr so wundervoll. Abgesehen davon, dass ein sehr großer Babybauch bei der Gebärenden zu Dehnungsstreifen und anderen unangenehmen Nebenwirkungen führen kann, hat das Baby bis zum Ende die Möglichkeit, sich in alle möglichen Positionen zu bewegen. Diese Bewegungsfreiheit führt dazu, dass das Ungeborene auch am Ende der Schwangerschaft oftmals nicht mit dem Gesäß nach oben Richtung Brustbein der werdenden Mutter zeigt, sondern nach vorn drückt, wieder gegen das Bindegewebe (s. Abbildung). Dieser permanente oder wiederkehrende Druck eines ca. 3kg Babys schwächt das Bindegewebe immer weiter. Das Baby verschafft sich somit noch mehr Platz und liegt weiter quer im Bauch. Diese Querlage erschwert dem Baby während der Geburt den Weg durch den Geburtskanal. In Querlage muss sich das Baby mit seinem verhältnismäßig großen Kopf und sperrigen Schultern um eine Kurve im Geburtskanal schieben, um das Licht der Welt zu erblicken. Dieser Weg ist länger, was wiederum eine längere Geburt verursacht. Auch weitere Komplikationen können auftreten, z.B. dreht sich das Baby zu einem "Sternengucker" oder es kommt zum Geburtsstillstand, weil das Baby nicht weiter "um die Kurve" kommt. Gerade die Kombination aus großem Baby und langem Geburtsvorgang kann am Ende in einer Sectio enden, auch weil die werdende Mutter unter stundenlangen Wehen die Kraft verliert, ihr Baby zum Ausgang zu pressen.



Abb. 3: Lage des Baby im Mutterleib bei kleiner Rektusdiastase (l.) und großer Rektusdiastase (r.). Grafik erstellt und illustriert von Natalie Gleim. www.wunder-plunder.com


Auf der Abbildung oben ist deutlich zu sehen, dass der rechte Bauch größer ist und das Baby mit dem Gesäß gegen die innere Bauchwand (das Bindegewebe) drückt.


Auf der unteren Abbildung ist zu sehen, wie lang und gewunden der Weg (rechtes Bild) von der Gebärmutter zum Scheidenausgang ist. Das Baby sowie die Mutter müssen viel mehr Kräfte aufbringen als bei einer kleineren Rektusdiastase mit nach unten gerichtetem Muttermund (linkes Bild).


Abb. 4: Kurzer Weg zum Geburtsausgang (l.) und langer Weg zum Geburtsausgang bei großer Rektusdiastase (r.) 1205




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